Ermüdung in wasserstoffhaltiger Umgebung

January 24, 2018 | Author: susanweb | Category: Hydrogen, Atmosphere Of Earth, Steel, Chemical Substances, Materials
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Ermüdung in wasserstoffhaltiger Umgebung...

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ERMÜDUNG IN WASSERSTOFFHALTIGER UMGEBUNG M. MOESER (Proc. 7th Colloquium on Mechanical Fatigue of Metals, Miskolc, Hung. 1983 Publications Technical University of Miskolc, Series C Vol. 39 p. 57-79)

Zusammenfassung Von fließenden metallischen Oberflächen wird atomarer Wasserstoff nicht nur aus Wasserstoffgas, sondern auch aus Ethylen, Wasser bzw. Wasserdampf abgespalten und über Versetzungstransport in das Gitter eingeschwemmt. (Wieder) zum Molekül geworden, behindert der Wasserstoff zunehmend das Gleiten und bewirkt das Aufreißen der Gleitbänder. Das Rückhaltevermögen für Wasserstoff ist besonders hoch, wenn im Zugschwellbereich belastet wird. Schon unter dem Einfluß erhöhter Luftfeuchtigkeiten kann sich ein gewisser Überschuss an Wasserstoff einstellen, der sich in Anteilen interkristallinen Bruches äußert. Der Mechanismus dieser Wasserstoffermüdung wird auf der Grundlage des Fischaugen-Konzeptes vorwiegend anhand von Schadensfällen erläutert.

1. Wasserstoffbruch durch Ethylen In den Rohren einer Ethylenanlage wurden Risse gefunden. Betrieben wurden diese Rohre bei einem Druck von 2000 ... 2300 bar, entsprechend dickwandig waren sie ausgeführt, und gefertigt waren sie aus niedriglegiertem CrMoV-Stahl, den man auf Festigkeiten um 1000 MPa vergütet hatte. Es wurden zwei Proben (Fall A und B) zur fraktographischen Untersuchung angeliefert. Die Risse hatte man vorher aufgebrochen. In beiden Fällen handelte es sich um Längsrisse als Folge der Beanspruchung durch den Druck bzw. seiner Schwankungen durch die Kompressionsschübe. Fall A: Eine Teilübersichtsaufnahme des Rissgebietes bringt Bild 1a. Auffallend ist, dass hier eine gewisse zeilige Struktur vorliegt. Ausgegangen war der Riss von einem ca. 0,2 mm tiefen Defekt (Bild 1b und 1c), der darauf zurückzuführen war, dass man bei zu hohen Temperaturen geschmiedet (gebogen) hatte. Hier war ein ultrareiner Stahl eingesetzt worden, und solche Stähle neigen, wenn der Restschwefel nicht durch Cer oder Calcium stabilisiert wurde, zur Überhitzung [1]. Darunter wird verstanden, dass die Sulfide in Lösung gehen und beim Kornwachstum von

der Korngrenze mitgeschleppt werden. Liegen währenddessen höhere Spannungen an oder wird gar verformt, kommt es – ähnlich wie bei flüssigem Lot – zur Rissbildung (Schmelzrissigkeit, Bild 1d). Man hatte zunächst vermutet, dass hier reiner Ermüdungsbruch vorliegt, denn wegen des relativ langsamen Laufes der vorgeschalteten Kolbenverdichter war anzunehmen, dass der Druck erheblich pulsierte. Dazu passte allerdings das zeilige Bruchgefüge wenig. Dieses verweist vielmehr darauf, dass die verbliebenen Verunreinigungen – als Einschlüsse beim Rohrschmieden in eine zeilige Anordnung gebracht – eine wesentliche Rolle bei der Rissausbreitung haben, und das ist für reinen Ermüdungsbruch völlig untypisch. Man könnte eher glauben, einen Fließbruch (Verformungs-, Duktilbruch) vor sich zu haben. Bekanntlich wirken bei diesem die Einschlüsse als Keime für eine mehr oder weniger ausgeprägte Wabenbildung (Bild 1h), und je nach Duktilität des Werkstoffes nehmen Einschlüsse in einer schmaleren oder breiteren Gefügezone am Bruchgeschehen teil. Nun bevorzugt aber der Fließbruch die 45o-Lage zur Hauptspannungsrichtung, während hier durchgängig die 90o-Lage gegeben war. Außerdem ist es nicht das Wesen eines Gewaltbruches, ob nun als Spröd- oder Fließbruch, Anrisse zu bilden. Der Gewaltbruch ist vielmehr für den Rest(-Bruch) zuständig. Es musste sich hier also um eine anderweitig einschlusssensible Bruchart handeln, wofür nach den Erfahrungen des Verfassers nur der Wasserstoffbruch (Wasserstoffrissigkeit) in Frage kam. Dies ließ sich durch mikrofraktographische Untersuchungen bestätigen (Bild 1e und 1f): feine, zeilig angeordnete (Sulfid-) Einschlüsse dienten als Ausgangspunkte für schmale Bruchbahnen, bildeten mit ihnen zusammen kleine Fischaugen. Zum Vergleich bringt Bild 1g einen Ausschnitt aus dem umliegenden Sprödbruchgebiet mit seinen großen Spaltflächen, die durch Trennung entlang der {100} –Ebenen entstehen. Das Ethylen (H2C = CH2) war hier offensichtlich in der Lage, atomaren Wasserstoff abzuspalten, wie es auch schon für Azethylen [2] gefunden wurde. Beide Gase verhalten sich demnach nicht anders als molekularer Wasserstoff. Dessen Wirkung auf die mechanischen Eigenschaften von Stahl wurde Ende der fünfziger Jahre von Hofmann und Rauls [3] untersucht. Sie dehnten glatte Zugproben aus weichem Stahl in reiner Wasserstoffatmosphäre und ermittelten die Einschnürung. Diese war schon bei einem Druck von 1 bar merklich gegenüber der an Luft 2

ermittelten abgefallen, verringerte sich mit zunehmendem Wasserstoffdruck weiter, und betrug bei 150 bar nur noch etwa 60%. Die örtliche Einschnürung fiel ganz weg (siehe auch [4]). Während des Dehnens im plastischen Bereich (Fließen) werden neue (aktive) Oberflächen geschaffen, und hier können die Wasserstoffmoleküle offensichtlich adsorbiert und dissoziiert werden. An die gleichzeitig entstehenden Versetzungen gekoppelt, dringen die Wasserstoffatome in das Gitter ein, wo schließlich die Trennung entlang von Gleitebenen ({110}-Ebenen [5] einsetzt.

Bild 1. Ethylenleitung (A) a) streifig strukturierter Anriss (nur halb sichtbar) umgeben von Sprödbruchgefüge b) Rissstart an einem 0,2 mm tiefen Defekt

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Bild 1. Ethylenleitung (A) ff c) Die Defektränder sind entkohlt d) feinstreifige Sulfid-Erstarrungsmuster auf den Korngrenzflächen

Bild 1. Ethylenleitung (A) ff e) kleine Einschlüsse als lokale Rissstarter f) Übersicht zu e): die Zeilenstruktur deutet sich an

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Bild 1. Ethylenleitung (A) ff g) Spaltbruch außerhalb des Anrisses h) zum Vergleich echter Fließbruch mit Wabenstruktur

Die geschilderten Versuche waren durchgeführt worden, um den Bildungsmechanismus der sogenannten Fischaugen aufzuklären, die sich gelegentlich auf den Bruchflächen von Schweißbiegeproben finden, wenn etwas feucht geschweißt wurde. Ihr fein schimmerndes Bruchgefüge hebt sich deutlich vom umliegenden Gewaltbruch ab (Bild 2a). Zentrum eines Fischauges ist seltener ein Lunker, häufiger eine Pore, die sich wiederum meist um einen Schlackeneinschluss gebildet hat (Bild 2b). An solchen Einschlüssen sammelt sich der Wasserstoff, der beim Erstarren die Schmelze nicht mehr verlassen konnte. Er findet dort Raum zur Rekombination, kann somit wieder zum Gas werden. Als solches erzeugt er Druck und drängt das umliegende teigige Material zurück. Bei der weiteren Abkühlung (insbesondere aber unterhalb 100oC) erhöht sich der Druck in den Poren durch weiter andiffundierenden Wasserstoff, woraus sich eine beträchtliche Innenlast ergeben kann. Wird so hoch belastet, dass in Überlagerung von Außen- und Innenlast die Porenwände zu fließen beginnen, kommt es in beschriebener Weise zur Adsorption und Dissoziation des Wasserstoffes. Dieser überschwemmt, einem Dammbruch vergleichbar, die umliegenden Gitterbereiche. Je nach gespeicherter Wasserstoffmenge bildet sich nun ein größerer oder kleinerer Innenriss mit dem charakteristischen, feinstrukturierten Bruchgefüge (Bild 2c).

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Bild 2. Schweißbiegeprobe a)

zwei Makro-Fischaugen im Schweißgut

b) eine kleine Pore. die sich um einen Schlackeneinschluss gebildet hat, als Zentrum eines Fischauges c)

feinstrukturiertes Bruchgefüge im Fischaugenhof

Warum aber nun die Gleitbänder aufreißen, das kann nur vermutet werden: Nicht wahrscheinlich ist, dass die Wasserstoffatome die Gleitung erschweren. Es gibt eher Hinweise dafür, dass sie diese sogar erleichtern [6]. Wird der Wasserstoff aber chemisch gebunden, kann er die Bewegung der Versetzungen dagegen sehr wirksam blockieren. 6

Vom Titan ist bekannt, dass sich U. a. entsprechende Hydride bilden. Mit Eisen ist das nicht möglich. Hier kann der Wasserstoff das Hydrid nur mit sich selbst bilden, d. h., er muss rekombinieren, und offensichtlich findet er in den stark gestörten Gleitebenen bzw. -bändern genügend Raum dazu. In der Form feinster Hochdruckbläschen stellt er eine Dispersion von kleinen Eigenspannungsfeldern dar und entfaltet die gleiche versprödende Wirkung wie echte Ausscheidungen. Der eben beschriebene Fischaugeneffekt wurde vom Verfasser bei der Aufklärung von Schäden zur Deutung aller möglichen Varianten der Wasserstoffrissigkeit angewendet [7, 8]. Der Begriff Variante bezieht sich einmal darauf, dass die Risse sich sowohl trans- als auch interkristallin ausbreiten können, zum andern auf die Art der Wasserstoffanlieferung. Diese kann außer den bereits genannten Möglichkeiten auch noch über die Schmelze beim Gießen, über das galvanische Plattieren und über Korrosion (insbesondere durch H2S) erfolgen. Ob sich Risse bilden oder nicht, hängt im Wesentlichen davon ab –

wie hoch die Temperatur ist. Die günstigsten Bedingungen liegen um 0 oC vor. Oberhalb 90 oC besteht im Allgemeinen keine Rissgefahr, da die Wasserstoffatome so beweglich sind, dass für sie keine Zwang besteht, sich irgendwo im Gitter zu konzentrieren bzw. Speicher aufzusuchen,



ob mehr Wasserstoff in den Stahl eindringt als entweicht (Fass mit Loch),



wie anfällig der Werkstoff grundsätzlich ist. Das wird zum einen bestimmt vom Gefügezustand (Stähle mit Festigkeiten über 1000 ... 1250 MPa sind besonders gefährdet), zum anderen von der Art, Verteilung und Anzahl der Speicher.

In den Speichern wird – wie schon angedeutet – nicht nur Wasserstoff gesammelt, sondern es wird über den Druck (x Fläche) eine Innenlast erzeugt. Diese ist bei normal schwefelhaltigen Baustählen in der Lage, auch ohne Außenlast Risse zu bilden (Blistering), aber nur bei hohem Wasserstoffangebot (über H2S-Angriff) und dann auch nur in Dickenrichtung.

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Zurück zum vorgestellten Fall: Die Gastemperatur betrug über 90 °C, damit befand sich die Anlage außerhalb jeder Rissgefahr. Wann und wie nun der Wasserstoff tatsächlich in den Werkstoff hineingelangt ist, dafür sind folgende Möglichkeiten denkbar: I. Während des Anfahrens – über den bei nur leicht pulsierender Oberlast vorwiegend einsinnig fließenden Grund der Großdefekte, begleitet von sofort einsetzender Rissbildung analog der Versuchen von Hofmann und Rauls. II. Während des Betriebes a) über den zyklisch-fließenden Grund der Großdefekte b) über die gesamte, sich elastisch-zyklisch dehnende Rohrwand c) über den zyklisch-fließenden Grund von Rauhigkeiten (Mikrorauhigkeiten),die sich aus dem normalen Herstellungsprozess ergeben haben. Zu I:

Diese Möglichkeit erscheint zunächst als recht naheliegend. Dann hätte der Wasserstoff aber nicht der Zwischenspeicherung bedurft, d.h., die hier gefundene ausgeprägte Fischaugenbildung spricht gegen diese Annahme.

Zu IIa: Einer kleinen Einlasspforte hätte die gesamte Rohraußenfläche als Auslasstor gegenüber gestanden, so dass nur wenig Wasserstoff im Stahl verblieben wäre. Zu IIb: Diese Möglichkeit würde der bisherigen Argumentation widersprechen, dass die Abspaltung des Wasserstoffes im Wesentlichen auf Fließbereiche beschränkt ist. Zumindest müssen die Oxidschichten aufgerissen werden. Allerdings verhält sich eine Bauteiloberfläche bei Wechselbeanspruchung nie völlig elastisch: über Extrusionen und Intrusionen stellt sich allmählich ein gewisser Betrag an Mikrofließen ein. Zu IIc: Das eben genannte Mikrofließen wird natürlich zuerst an den üblichen Herstellungsrauhigkeiten einsetzen, so dass man diese Annahme als die wahrscheinlichste betrachten kann. Offensichtlich ist für solche Rohre eine hohe Oberflächengüte zu fordern. Die Anlage musste gelegentlich außer Betrieb genommen werden, und während des Stillstandes, nachdem sich die Rohre abgekühlt hatten, füllte der Wasserstoff die Speicher auf. Als wieder angefahren wurde – möglicherweise geschah das relativ schnell – kamen durch Überlagerung von 8

Außen- und Innenlast offenbar größere Gefügebereiche ins Fließen, und der Fischaugeneffekt wurde ausgelöst; die Rissbildung setzte ein. Bezogen auf die kleinen Speicher (Einschlüsse) haben sich recht große Fischaugen gebildet. Der Wasserstoff muss also stark komprimiert gewesen sein. Zusammenfassend kann für diesen Schaden festgestellt werden, dass er der Kategorie Wasserstoffbruch durch zunehmende Außenlast angehört, die für warmgehende Anlagen typisch ist (Wasserstoffaufnahme wahrend des Betriebes, reißen beim Wiederanfahren), wogegen sich die Risse bei kalten Anlagen und Bauteilen während des Betriebes infolge zunehmender Innenlast bilden. Im vorliegenden Fall war also die Ermüdungskomponente nur dafür verantwortlich, dass (während des Betriebes) überhaupt ausreichend Wasserstoff in den Stahl gelangte. Fall B: Hier war der Riss von Ätzgräben – die Rohre waren gebeizt – ausgegangen. Da es sich um einen normal schwefelhaltigen Stahl handelte, hatte sich der zeilige Charakter der Bruchfläche noch stärker ausgebildet (Bild 3a). Dass Einschlüsse freigelegt worden waren, konnte mikrofraktographisch bestätigt werden; der Riss hatte sich jedoch durchgängig interkristallin ausgebreitet (Bild 3b). Interkristalliner Wasserstoffbruch wird im (quasi-)statischen Belastungsfall vor allem bei hochfesten Stählen (>1000 MPa) gefunden und ist als Ausdruck der erhöhten Empfindlichkeit zu werten. Tatsächlich waren hier – wohl unbeabsichtigt – weit höhere Festigkeiten als 1000 MPa eingestellt worden. Die Korngrenzen, denen der Riss gefolgt ist, sind die des (primären) Austenits, also Korngrenzen, die im Temperaturbereich der Wasserstoffrissigkeit gar nicht existieren. Ihre Lage ist aber durch Verunreinigungen markiert, insbesondere durch Mangansulfide, die mit Stärken von 10-15 Nanometern eine Art zweidimensionaler Mikroeinschlüsse bilden [9]. Diese bieten dem Wasserstoff genügend Raum zur Rekombination, so dass hier schließlich in submikroskopischen Bereichen der Fischaugenmechanismus ablaufen kann [7, 8]. Durch ihre extreme Flächigkeit und schalenartige Anordnung sind diese Mikroeinschlüsse hochwirksame Speicher. Sie können auch noch bei relativ geringem Wasserstoffangebot kritische Drücke aufbauen und über eine hohe Innenlast eine niedrige Außenlast kompensieren. Damit bestimmen sie die Lage des bruchmechanischen Schwellenwertes KIH bzw. die Empfindlichkeit des Stahles generell. 9

Wie der Wasserstoff, so lagern sich auch die Atome anderer Elemente (As, P, Sb) an diese Korngrenzensulfide an, vorausgesetzt, sie sind diffusionsfähig. Das ist im Bereich um 500 oC der Fall und führt nicht nur zur bekannten Anlassversprödung, sondern begünstigt auch den Wasserstoffbruch.

Bild 3. Ethylenleitung (B) a) Anriss (Leck) mit ausgeprägter Streifigkeit b) durchgängig Korngrenzenbruch, freigelegter Einschlusshohlraum

Es ergibt sich hier die Frage, ob sich die Risse auch hätten bilden können, wenn die Arbeitstemperatur wesentlich niedriger gelegen hätte. Das ist anzunehmen. Denn wenn die Plastifizierung ausreicht, bei 90 oC das Ethylen zu spalten, kann sie dies sicherlich auch bei beispielsweise 40 oC. Die Risse wären als unmittelbare Folge der Druckpulsation entstanden, während des Betriebes also, und somit als echte Überlagerung von Wasserstoffbruch und Ermüdung (Wasserstoffermüdung). In diesem Fall dient das ganze Anlagensystem vor der 10

Rissstelle als Speicher; eine Zwischenspeicherung in Einschlußhohlräumen ist nicht mehr erforderlich, und es bilden sich daher auch keine Normalfischaugen aus. Wie fraktographische Untersuchungen verschiedener Autoren an unter Wasserstoff [10-13] bzw. Ethylen [14] im Zugschwellbereich ermüdeten Proben übereinstimmend zeigen, ergeben sich hier folgende Regelmäßigkeiten: Bei sehr niedrigen Amplituden der Spannungsintensität (in Schwellenwertnähe) ist der Rissverlauf rein transkristallin. Er wird mit zunehmender Amplitude teilweise interkristallin (Bild 4), schließlich, bei starker mechanischer Komponente, wieder rein transkristallin. Der interkristalline Bruchanteil verweist darauf, dass die Wasserstoffaufnahme so hoch ist, dass sich ein Überschuss einstellt, durch den nun wieder Korngrenzenspeicher aufgefüllt werden können. Diese dürften sich nicht in, sondern vor der plastischen Zone (Fließzone) befinden, da in dieser – von stillgelegten Gleitbändern abgesehen – der Wasserstoff allenfalls zerlegt werden kann.

Bild 4. Kurzzeitermüdung in Ethylen bei Raumtemperatur, einzelne Korngrenzen freigelegt, Aufnahme [14]

Wie gelang nun das Wasserstoffatom zu den Korngrenzenspeichern? Anzunehmen ist, dass es in üblicher Weise, also an eine Versetzung gekoppelt, durch die Fließzone transportiert und in die dahinterliegende dreiachsig verspannte Zone (Verspannungszone) abgekippt wird. Diese Zone stellt mit ihren vergrößerten Atomabständen eine Art Sammelstelle für atomaren Wasserstoff (Gitterwasserstoff) dar; hier können die Wasserstoffatome wahrscheinlich auch relativ schnell 11

diffundieren. Im Gleichgewicht mit dem hohen Gehalt an atomarem Wasserstoff werden die Speicher relativ schnell auf Druck gebracht. In dem Maße, wie sich die Fließzone diesen Speichern nähert, erhöht sich für sie die Außenlast, und sukzessive wird für sie der Fischaugeneffekt ausgelöst. Möglich ist dies jedoch erst, wenn der Schwellenwert für Wasserstoffbruch unter statischer Last (KIH) überschritten ist, das heißt, es handelt sich hier um einen rein statisch bedingten Bruchanteil, der den Rissforschritt pro Lastwechsel (da/dn) sprunghaft erhöht, wie u. a. Enterlein et al. [15] bei Simulationsversuchen an Wasserstoffflaschen gefunden haben. Um den dafür erforderlichen Wasserstoffüberschuss zu sichern, muss das Bauteil offenbar im Zugschwellbereich beansprucht werden, denn sowohl Verspannungszone als auch Fließzone verlieren ihre Aufnahmekapazität, wenn sie unter Druck geraten bzw. gestaucht werden. Die Wasserstoffatome werden dann auf dem gleichen Wege zum Werkstoff hinausbefördert, wie sie herein gekommen sind. Dieses Herausquetschen ist von Stauchversuchen an beladenen Proben her bekannt (Erdmann-Jesnitzer [16]). Mit zunehmender Amplitude der Spannungsintensität (∆K) wächst das Volumen der Fließzone schneller als ihre Oberfläche im Rissgrund, die Einlasspforte. Der eingebrachte Wasserstoff wird nun in der Fließzone selbst verbraucht und verliert allmählich seinen Einfluss auf das Bruchgeschehen. Der Prozess der Rissbildung läuft in der Fließzone selbst sicherlich nicht anders ab als unter statischer Belastung: der Wasserstoff rekombiniert in stillgelegten Versetzungsanhäufungen und wird zunehmend zum Sand im Getriebe. Die Tatsache, dass bei Wasserstoffermüdung der Bruch allenfalls teilweise interkristallin sein kann, ist eine wichtige Orientierungshilfe bei der Schadensdiagnose. Ein rein interkristalliner Bruch, wie im Fall B gefunden, kann demnach nur durch eine vorwiegend statische Belastung entstanden sein und somit nicht als echte Wasserstoffermüdung.

2. Ermüdungsbruch – ein Sonderfall der Wasserstoffrissigkeit? Wie gezeigt wurde, sind fließende Metallbereiche leistungsfähige Wasserstofferzeuger. Über sie atmet der Werkstoff den Wasserstoff regelrecht ein, aber auch wieder aus, sofern er ihn nicht 12

verschluckt hat, was dann eintritt, wenn er vorwiegend im Schwellbereich beansprucht wird. Es liegt dann eine Tribosorption vor, die in diesem Maße nur für Wasserstoff möglich ist, da sein Atome auf Grund ihres geringen Durchmessers (~0,05 Nanometer) zwanglos in den Kern der Versetzungen passen und von ihnen beliebig transportiert werden können. Es ist zu vermuten, dass atomarer Wasserstoff auf diese Weise nicht nur aus Wasserstoffgas, Ethylen oder Azethylen herausgebrochen wird, sondern beispielsweise auch aus Wasserdampf, den die uns umgebende Luft in unterschiedlichen Anteilen enthält. Dass der atmosphärische Wasserstoff wesentlich dafür verantwortlich ist, dass die Ermüdungsfestigkeit an Luft niedriger liegt als im Vakuum oder in trockenem Edelgas, diese Hypothese ist nicht neu, aber sie wurde möglicherweise noch nicht so konsequent wie hier von der Wasserstoffrissigkeit her diskutiert. Sie konkurriert insbesondere mit der Meinung, der Sauerstoff sei schuld, da er die Wiederverschweißung der abgeglittenen Bereiche verhindere. Für Aluminium wurde allerdings längst nachgewiesen, dass in feuchtem Argon, also in Abwesenheit von Luft-Sauerstoff, die Ermüdungsfestigkeit nicht höher liegt als in Luft [17] (siehe auch [18]. Gelegentlich wurde die Ermüdung an Luft als schon zur Korrosionsermüdung gehörig betrachtet, wobei als Unterschied zu dieser die Existenz einer Dauerfestigkeit – wie sie sich bei Stahl findet – hervorgehoben wurde. Deshalb sollen zunächst die Besonderheiten der Korrosionsermüdung an Beispielen diskutiert werden, denn bei Korrosion im wässrigen Medium wird relativ viel Wasserstoff freigesetzt. So haben Törrönen et al. [19] Proben aus ferritischem Stahl in reinem Hochtemperaturwasser (288 oC) ermüdet, wobei diese derart viel Wasserstoff aufnahmen, dass die nach dem Abkühlen erzeugte Restbruchfläche Fischaugen zeigte. Die Rissausbreitung während des Experimentes konnte der Wasserstoff wegen der hohen Temperatur natürlich nicht beeinflussen. 2.1 Brüche von Turbinenschaufeln Die Schaufeln von Dampfturbinen sind üblicherweise aus 13%-igem Chromiumstahl gefertigt und werden auf Fließgrenzen von 450-750 MPa vergütet. Im Betrieb werden sie durch die Fliehkraft auf Zug und durch den Dampfstrom auf Biegung beansprucht; sie schwingen außerdem, was insgesamt eine ausgeprägte Schwellbelastung (hoher R-Wert) ergibt. In 13

Kondensationsturbinen brechen die Schaufeln gehäuft in der Zone beginnender Nässe (Wilsonzone), weil sich hier zeitweise die Verunreinigungen des Dampfes – darunter auch die als besonders aggressiv bekannten Chloride – ablagern können. Da Unterdruck herrscht, liegen die Dampftemperaturen nicht höher als 80 oC, somit noch im Temperaturbereich des Wasserstoffbruches.

Bild 5. Schaufelbruch in Dampfturbinen a)

Rissstart an Austrittskante

b) freigelegte Austenitkorngrenzen c)

Übersicht zu b): Der Korngrenzenbruch beschränkt sich auf einen schmalen Streifen (Rohwassereinbruch)

Die Risse starten im Bereich der Austrittskante (Bild 5a). Ihr Verlauf ist zunächst rein transkristallin, dann – im speziellen ∆K-Bereich – teilweise interkristallin, schließlich wieder rein transkristallin. Ist der Anteil des Korngrenzenbruches hoch (Bild 5b, c), kann geschlossen 14

werden, dass das Wasserstoffangebot hoch war. Dann hat es gewöhnlich einen Rohwassereinbruch gegeben, d. h., es wurde stark chloridhaltiger Dampf eingetragen. Die Schaufeln der Endstufen werden oft an der Eintrittskante gehärtet, damit diese besser dem Tropfenschlag widerstehen kann. Mit Fließgrenzen oberhalb 1000 MPa ist dieser Bereich bereits gegenüber statisch bedingtem Wasserstoffbruch anfällig, und der Rissverlauf ist durchgehend interkristallin (siehe [20]). Zum Einfluss der Temperatur auf die Korrosionsermüdung von Schaufelstahl sind fraktographische Untersuchungen aus [21] aufschlussreich: Bei 20 oC, im günstigen Bereich für Wasserstoffbruch, ist der interkristalline Bruchanteil recht hoch, bei 80 oC ist er wesentlich geringer, und bei 150 oC fehlt er. Interkristalline Anteile fanden sich auch auf den Bruchflächen von Leitschaufeln eines AxialTurboverdichters (Bild 6). Diese Schaufeln waren aus austenitischem Stahl (18%Cr, 10%Ni) hergestellt. Geht man nach dem Bruchbild (als dem Hauptindiz für einen Schadensuntersucher), muss es sich hier um Wasserstoffermüdung handeln.

Bild 6. Bruch von Leitschaufeln in einem Turboverdichter a) Makroaufnahme b) freigelegtes Einzelkorn

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Austenitische Stähle sind bei statischer Beanspruchung unempfindlich gegenüber Wasserstoffbruch, weniger aber unter schwellender und zügiger Beanspruchung, worauf im folgenden Abschnitt näher eingegangen wird.

2.2 Bruch von chirurgischen Implantaten Die Knochen des menschlichen Körpers sind bedauerlicherweise nicht allzu bruchfest (Ermüdungsbrüche sind allerdings die Ausnahme). Die Gelenke, insbesondere die Hüftgelenke, verschleißen außerdem mehr oder weniger. Um solchen Gebrechen abzuhelfen, werden metallische Implantate eingesetzt: Platten (für Knochenbrüche) und Hüftgelenkprothesen. Erstere Verbleiben etwa zwei Jahre im Körper, letztere möglichst für immer. Es wird für Platten fast ausnahmslos austenitischer CrNiMo Stahl (V4A bzw. AISI 316L) eingesetzt, für Hüftgelenke ist er weniger gebräuchlich. Die Körperflüssigkeit ist mit einem Chloridgehalt von 0,9% ungefähr so aggressiv wie Meerwasser bei Raumtemperatur, und für Brüche von Stahlimplantaten konnte auch gezeigt werden, dass das Bruchgeschehen von der Korrosion beeinflusst bzw. bestimmt wird (u. a. [22]). Aber in welcher Art; mehr über Auflösungsprozesse, oder auch hier mehr über den Wasserstoff? Interkristalline Anteile fehlen hier (Bild 7), vielmehr sieht es nach Spaltbruch aus, das heißt, der Riss hat innerhalb eines Kornes kaum die einmal gewählten Gleitbänder verlassen. Im Umlaufbiegeversuch war zwar für solchen Stahl ein Verlust an Schwing-Festigkeit von etwa 10% zu Lasten der Korrosion ermittelt worden [23], doch erschien dieser als tragbar. Um die 50% betrug er dagegen im Simulationsversuch für Hüftgelenke (einseitige Biegung), wie indirekt [24] zu entnehmen ist. Die Resistenz der austenitischen Stähle gegenüber Wasserstoff bei ruhender Last ergibt sich im Wesentlichen daraus, dass er in ihnen kaum diffusionsfähig ist: der Diffusionskoeffizient beträgt etwa ein Zehntausendstel des sonstigen. Folglich kann der Wasserstoff gar nicht erst in kritischer Menge in den Stahl eindringen, aber an Versetzungen gekoppelt kann er das offensichtlich sehr 16

gut. Wie in [2, 25] (Frandsen et al.) gezeigt, beträgt sowohl für ferritische und martensitische Stähle einerseits und Nickel-Kupfer- und Nickel-Kobalt-Legierungen als stabile Austenite andererseits der Rissfortschritt bei Ermüdung unter Wasserstoff ungefähr das Zehnfache dessen, was im Vakuum ermittelt wurde. Bei den Austeniten begünstigt bzw. erzwingt der Wasserstoff das planare Gleiten, als dessen Folge sich der gezeigte Pseudo-Spaltbruch, der übliche teilinterkristalline und sogar vollinterkristallin Bruch einstellen kann, letzterer aber, wie es scheint, nur bei den stabilen Austeniten. In [2, 25] wurde auch gefunden, dass bei + 100 oC und – 100 oC der Stahl nicht mehr auf Wasserstoff reagiert. Das Bild 8 bringt eine Aufnahme von Wasserstoffbruch, der an CrNi-Stahl durch langsame Dehnung, allerdings unbeabsichtigt (als Schadensfall), erzeugt wurde, und es ist durchaus eine gewisse Ähnlichkeit mit der eben besprochenen Bruchstruktur an Implantaten gegeben. Man hat Hüftgelenke auch aus Titan gefertigt, zum einen wegen seines niedrigen E-Moduls (um einen weniger großen Steifigkeitsunterschied zum Knochen zu haben), zum anderen wegen seiner hohen Korrosionsbeständigkeit. Trotzdem hat es Brüche gegeben, sowohl bei Reintitan (αTitan) [26] als auch bei den festeren α/β-Legierungen (z. B. Ti-5Al-2Sn), wofür Bild 9 ein Beispiel bringt: Die Bruchfläche lässt schon makroskopisch keinen Ermüdungsbruch vermuten; sie ist ausgesprochen grobkörnig, und es kann weder der Rissausgang noch der Rissverlauf bestimmt werden. Mikroskopisch zeigen sich isolierte Spaltflächen in einer Matrix mit RillenStruktur. Die Spaltflächen dürften zu α-Körnern gehören. Diese haben ein hexagonales Gitter, in dem der Wasserstoff die Basisebene bzw. eine um etwa 15o dazu geneigte Ebene aufbricht [27]. Ob es sich hier um ein echtes Spalten handelt, ist fraglich. Diesem müsste wohl eine stärkere Hydridbildung vorausgegangen sein, von der fraktographisch aber nichts zu bemerken ist. Eher ist zu vermuten, dass diese Ebenen bevorzugter Ort von Ausscheidungen sind – analog den Primärkorngrenzen im Stahl – und dass die Trennung auch hier über die Bildung von Mikrofischaugen abläuft. Durch das Aufspalten eines Kornes ergibt sich zunächst ein Innenriss, der für den weiterhin andiffundierenden Wasserstoff als Großspeicher dient. Ist die Innenlast genügend hoch, wird für 17

die umliegenden β-Körner der Fischaugeneffekt ausgelöst. Die sich dabei einstellende RillenStruktur dürfte eine Folge ausgeprägter Gleitbandbildung sein, d. h., die β-Körner brechen erst nach einer gewissen Verformung. Es handelt sich also hier um einen Wasserstoffbruch statischer Natur; die Wechselbeanspruchung war – wie im eingangs gebrachten Fall der Ethylenrohre – nur für die Wasserstofferzeugung ausschlaggebend. Die etwas rau (!) gearbeitete Oberfläche (des Prothesenschaftes) wies – wie auch bei den drei vorher genannten Fällen – keinerlei Spuren von Korrosion auf, so dass diese als Wasserstoffquelle ausscheiden dürfte, und dafür nur die Tribosorption übrig bleibt. Über diese kann der Wasserstoff offenbar auch direkt aus dem Wasser abgespalten werden. Wenn es hier aber keine merkliche Korrosion gibt, worin besteht dann die Aggressivität der Chloride? Wahrscheinlich darin, dass sie im an sich gegenteiligen Sinne wirksam werden, indem sie selbst frische Oberflachen passivieren. Dies aber nur soweit, dass die Normalpassivierung unterbunden wird und somit diese Bereiche weiterhin wasserstoff-aktiv bleiben können. Auf diese Fähigkeit zur Pseudopassivierung ist man bei den Chloriden zuerst im Zusammenhang mit der Spannungsrisskorrosion im aktiven Zustand aufmerksam geworden. Bekanntlich läuft die (Chlorid-)Spannungsrisskorrosion bei CrNi-Stählen nur oberhalb 80 oC ab. Wirken jedoch Chloride mit einer starken Säure zusammen, bilden sich Risse auch bei Raumtemperatur. Deren isoliertes Auftreten (siehe [29]) verweist jedoch darauf, dass sie ihre Existenz dem eingedrungenen Wasserstoff zu verdanken haben. Es müssen also lokal hohe Wasserstoffmengen freigesetzt worden sein. Das setzt eine starke Lokalisierung des Säureangriffes voraus, und diese ergibt sich wiederum aus der genannten Pseudopassivierung. Je nach Begleitmedium können die Chloride somit als Türhalter oder Einweiser für den Wasserstoff fungieren (siehe auch Ergebnisse in [30])

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Bild 7. Bruch von Implantaten aus CrNiMo-Stahl a) Hüftgelenkprothesen b) Bruchfläche der rechten Probe in a) c) streng kristallographisch orientierte Bruchbahnen d) Ausschnitt aus c)

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Bild 8. Zum Vergleich: echter Wasserstoffbruch an CrNi18.10-Stahl a) Spaltbruch b) Übersicht zu a)

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Bild 9. Gebrochene Hüftgelenkprothese aus Ti-5Al-2Sn a) Links die am oberen Langloch gebrochene Prothese, in der Mitte die Bruchfläche, rechts eine intakte Prothese b) die obere Teilbruchfläche – körnige Bruchstruktur c) zwei Einzelspaltflächen, umgeben von Rillenbruch d) größere Einzelspaltfläche

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2.3 Wasserstoffeinfluss bei Ermüdung an Luft a) Bei Ermüdungsversuchen an Bruchmechanikproben fanden sich im mittleren ∆K-Bereich interkristalline Bruchanteile (Bild 10, [31]), was von den jeweiligen Autoren [32, 33, 34] übereinstimmend dem Wasserstoff angelastet wurde. Solche Proben werden bekanntlich im Zugschwellbereich geprüft, so dass – wie ausgeführt – der Wasserstoff verschluckt werden kann, und es hat sich auch gezeigt, dass der Anteil des interkristallinen Bruches mit dem R-Wert als Ausdruck der Verschluckungstendenz zunimmt. Es ist vielleicht kein Zufall, dass im wesentlichen Forscher aus Großbritannien über dieses Phänomen berichtet haben. Aber auch in anderen Teilen Europas ist die Luftfeuchtigkeit gelegentlich hoch, was im Sommer, wenn die Atmosphäre in den Labors nicht durch Heizen trockengelegt wurde, dazu führen dürfte, dass vorwiegend auf Wasserstoffermüdung geprüft wird. Für Bauteile, die im Einsatz schwellend (üblicherweise auf Zug) beansprucht werden, müssten demnach die Feuchttage lebensdauerbestimmend sein. Eine besondere Gefahr ergibt sich daraus, dass einmal entstandene Risse sehr schnell wachsen. Bild 10 [31]: Anteil des interkristallinen Bruches in Abhängigkeit von der Amplitude der Spannungsintensität; Zusammenfassung von Ergebnisse aus verschiedenen Arbeiten, darunter [32; 33]

Hier lässt sich übrigens auch der von Stanzl in Weicheisen gefundene teilinterkristalline Bruchverlauf bei Wechselbeanspruchung im Ultraschallbereich einordnen [35]. Die 22

Korngrenzenbrüche finden sich nur im Temperaturbereich der Wasserstoffrissigkeit: bei – 50°C, RT und + 50 °C. Da sich die Proben durch Dämpfungswärme stark erhitzten, wurde hauptsächlich Öl, aber auch Wasser zur Kühlung eingesetzt. Ob das Kühlmittel an der Rissspitze verdampft, wäre klärenswert, auf alle Fälle wird ins Eisen so viel Wasserstoff gepumpt, dass dieser trotz reiner Zug-Druckbeanspruchung (R = – 1) auch tiefer in die Verspannungszone gelangt. Bei dem weniger empfindlichen Kupfer wurde Korngrenzenbruch erst unter NaClLösung gefunden (vergl. [36] mit [37]). b) Hochfeste Stähle sind bei Ermüdung sehr kerbempfindlich. Kerben intensivieren nicht nur die Spannung, sondern auch die Fähigkeit, Wasserstoff zu sammeln und zu halten. Für Gewindebolzen usw. eingesetzt, werden solche Stähle gewöhnlich im (kritischen) Zugschwellbereich belastet. c) Im Torsionsversuch wird etwa nur die halbe Ermüdungsfestigkeit erreicht wie im Umlaufbiege- und Zug/Druckversuch – in Torsion reagiert der Stahl auch viel empfindlicher auf Druckwasserstoff [4] als Folge davon, dass sich die Verformung im wesentlichen auf die Oberfläche beschränkt und somit dem Wasserstoff eine große Reaktionsfläche geboten wird.

3. Schlussfolgerungen (Gegenmaßnahmen) – Der Wasserstoff sollte möglichst gar nicht erst in den Werkstoff gelangen. Man kann Überzüge aufbringen, die aber nachgiebiger sein sollten als der Werkstoff, um ihn nicht spannungsmäßig zu beeinflussen. So konnte mit Aralditüberzügen für Aluminium eine Erhöhung der Zugschwellfestigkeit um etwa ein Drittel bzw. eine Verdopplung der Lebensdauer erreicht werden [38]. Stahl (rostfreier Stahl) sollte so legiert werden, dass die Pseudopassivierung durch Chloride unterdrückt wird, die Normalpassivierung also schneller abläuft. Hier scheinen sich besonders höhere Molybdängehalte zu bewähren. – Es sollten verstärkt Werkstoffe eingesetzt werden, die auf Wasserstoff wenig ansprechen. Mit etwas Vorsicht kann man – zumindest bei Stählen – davon ausgehen, dass eine hohe Resistenz, die sich unter statischer Beanspruchung gezeigt hat, auch unter Wechselbeanspruchung erhalten bleibt. Da der Schwellenwert für den Wasserstoffbruch (KIH) annähernd proportional der 23

(Gewalt-) Bruchzähigkeit (KIc) ist und etwa 15% beträgt, kann weiterhin geschlossen werden, dass ein bruchzäher Stahl auch relativ ermüdungsfest ist. – Indem man Druckeigenspannungen aufbringt (so durch Kugelstrahlen) bzw. für eine hohe Oberflächengüte sorgt, lässt sich das Mikrofließen der Oberfläche und damit die Wasserstoffaufnahme zurückdrängen oder ganz vermeiden. – In Rohrleitungen sollte ein möglichst konstanter Druck eingestellt werden. SCHRIFTTUM [1] [2] [3] [4] [5] [6] [7] [8] [9] [10] [11] [12] [13] [14]

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FATIGUE IN HYDROGEN CONTAINING ENVIRONMENTS Summary Yielding metallic surfaces can split off atomic hydrogen by tribosorption from various media e. g. hydrogen gas, ethylene, water and water steam. Dislocations carry the hydrogen into the lattice where it, after recombination, induces glide band separation. When loading occurs in the range of pulsating tension (R > 0) the metal keeps the hydrogen strongly and an excess of hydrogen is obtained already under the influence of a moist atmosphere. This can result in a partly intergranular cracking. The mechanism of this hydrogen fatigue is explained on the base of the fisheye concept and is illustrated by crack formation in ethylene pipelines, fracture of turbine blades and orthopaedic implants.

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